Fachbereich Werkzeugspuren

Einer Vergleichsuntersuchung geht immer die Beurteilung der übersandten Spurenabformungen und Tatwerkzeuge voraus. Dabei wird u.a. beurteilt, ob bei der Spurenentstehung (Tatbegehung) ausreichend viele Spurenmuster in hinreichender Qualität vom Tatwerkzeug erzeugt wurden. Diese Voruntersuchungen können grundsätzlich nur mit Hilfe eines geeigneten Stereomikroskops durchgeführt werden. Nur mit höheren Vergrößerungen können die einzelnen Merkmale und Merkmalskomplexe fachgerecht begutachtet werden. Und nur auf diese Weise können Rückschlüsse auf Werkzeugart und Zustand der Wirkflächen (z.B. Schneide, Backe etc.) getroffen werden.

Tatortspur Schraubendreher, Schließzylinder und Vergleichsspur Schraubenschlüssel
Bildreihe: Tatortspur Schraubendreher, Schließzylinder, Vergleichsspur Schraubenschlüssel

Die Abbildung 1 zeigt beispielhaft eine Tatspurenabformung (Abformung von Tatspuren eines Schraubendrehers). Das erkennbare Spurenmuster ist optisch mit einem Barcode vergleichbar, wobei als zusätzliche Beurteilungskriterien noch die Höhen und Tiefen der einzelnen Merkmale hinzukommen.

Ein abweichendes Spurenbild wird von Werkzeugen auf den Außenseiten abgebrochener Schließzylinder erzeugt. In diesen Fällen werden die Tatspuren im Original gesichert (Schließzylinderhälften). Die Vergleichsspuren eines möglichen Tatwerkzeuges werden ebenfalls auf Schließzylindern erzeugt. Unabhängig davon, ob der Sachbearbeiter Spurenabformungen oder Originalspuren mit den entsprechenden Vergleichsspuren abgleicht, werden diese Untersuchungen mit einem Vergleichsmakroskop durchgeführt
(Abbildung 2: Abgebrochene Schließzylinderhälfte unter einem Vergleichsmakroskop).
Schließzylinder werden meist mit verstellbaren Schraubenschlüsseln abgebrochen. Das Spurenbild setzt sich aus den zuvor beschriebenen „Barcodes“ und aus Eindruckspuren der Werkzeugbacken zusammen.

Die Abbildung 3 (Tatspur eines verstellbaren Schraubenschlüssels mit Vergleichsspur) zeigt als Beispiel eine vergleichsmakroskopische Digitalaufnahme von Spuren, die mit einem verstellbaren Schraubenschlüssel erzeugt wurden. Die linke Bildhälfte zeigt die Tatspuren an einer Schließzylinderhälfte einer Wohnungstür. In der rechten Bildhälfte sind die im Labor mit dem Tatwerkzeug erzeugten Vergleichsspuren abgebildet, die mit dem Tatwerkzeug an einem vergleichbaren Schließzylinder erzeugt wurden. Beide Bilder werden in der Vergleichsbrücke des Makroskops zusammengeführt und können dann miteinander verglichen werden. Das hier gezeigte Vergleichsbild zeigt zweifelsfrei, dass die Tatspuren und die Vergleichsspuren mit demselben verstellbaren Schraubenschlüssel erzeugt wurden.

Passspurenuntersuchungen

Das Spektrum in diesem Untersuchungsbereich ist sehr weit gefächert. Alles, was einst eine Einheit bildete und ab einem bestimmten Zeitpunkt in mindestens zwei Teile aufgeteilt wurde, kann im Rahmen einer Passspurenuntersuchung beurteilt werden, unabhängig davon, ob der Gegenstand aus z.B. Metall oder Kunststoff besteht, bzw. das Material gebrochen oder anderweitig durchtrennt wurde. Die Untersuchungsmethoden gestatten eindeutige Rückschlüsse darauf, ob zwei Teile ehemals eine Einheit gebildet haben. Für den Vergleich von Bruchflächen kommt ebenfalls ein Vergleichsmakroskop zum Einsatz.
Auf der Abbildung 4 (Bruchflächen eines durchbrochenen Kunststoffformteils, Bild Textende) sind die Bruchflächen von zwei Kunststoffteilen abgebildet und geben ein typisches Bruchbild eines Sprödbruches wieder. Für Sprödbrüche im Allgemeinen bedeutet das, dass ein „Hügel“ auf der einen Bruchfläche ein „Tal“ auf der anderen Bruchfläche bedingt. Es entsteht ein symmetrisches Bild, anhand dessen eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob die beiden Teile ehemals eine Einheit gebildet haben.

Wiedersichtbarmachung entfernter Prägezeichen

Prägezeichen werden mit geeigneten Prägestempeln in verformbare Materialien, wie z.B. Metalle oder Kunststoffstoffe, eingebracht. Die Absicht liegt darin, Gegenstände oder z.B. Fahrzeuge eindeutig zu kennzeichnen. Im Fahrzeugbereich heißt diese eindeutige Kennzeichnung FIN (Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer).
Bei Fahrzeugdiebstählen versuchen die Täter, diese Kennzeichnungen zu entfernen. Danach werden die entfernten Zeichen mit geeigneten Prägestempeln erneut überschlagen. Die Aufgabe der Kriminaltechnik liegt nun darin, die ursprünglichen Zeichen wieder sichtbar zu machen. Dies ist bei Metallen z.B. mit einem chemischen Ätzverfahren machbar, bei dem die physikalischen wie auch chemischen Eigenschaften von Metallen ausgenutzt werden.
Auf der Abbildung 5 im unteren Bild ist, nach Durchführung des chemischen Ätzverfahrens, neben der gut sichtbaren Ziffer „1“ die darunter liegende, ursprüngliche Ziffer „4“ deutlich erkennbar.

Passspurenuntersuchung und Wiedersichtbarmachung entfernter Prägezeichen
Passspurenuntersuchung und Prägezeichen